- Neue BCG-Umfrage zeigt: 62 % der Deutschen bewerten die wirtschaftliche Lage negativ – ein spürbarer Anstieg gegenüber dem Vorjahr
- Deutsche Konsumenten reagieren mit ausgeprägtem Preisbewusstsein, setzen auf Rabatte und sind zunehmend bereit, Marken zu wechseln
- Trotz Sparverhalten wächst die Bedeutung digitaler Kanäle, wo deutsche Verbraucher im europäischen Vergleich neben Großbritannien führend sind
Düsseldorf—Die wirtschaftliche und politische Stimmung bei den Verbrauchern in Deutschland wird zunehmend schlechter: 62 Prozent bewerten die ökonomische Lage negativ – das ist ein Anstieg um zehn Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. Zwei Drittel zeigen sich zudem unzufrieden mit der politischen Situation. Auch europaweit überwiegt der Pessimismus: In Frankreich und Großbritannien fallen die Negativbewertungen der ökonomischen Situation mit jeweils 70 Prozent noch kritischer aus, während Skandinavien mit 36 Prozent vergleichsweise gelassen in die Zukunft zu blicken scheint. Das zeigt die aktuelle Studie „European Consumer Sentiment“- der Boston Consulting Group (BCG) unter 16.000 Verbrauchern in neun europäischen Ländern.
Inflation bleibt zentrales Thema – Schnäppchenjagd ersetzt Markentreue
Fast ein Drittel der Verbraucher in Deutschland (31 %) macht sich Sorgen um die persönliche Finanzlage, im Vorjahr waren es lediglich 25 Prozent. Trotz rückläufiger Inflationsraten bleibt die Sorge vor weiterer Teuerung das beherrschende Thema: 70 Prozent der Befragten erwarten Preissteigerungen, ähnlich wie im vergangenen Jahr. Deutlich geringer fällt hingegen die Wahrnehmung geopolitischer Risiken aus. Obwohl die Befragung zur diesjährigen Verbraucherstimmung Anfang April mit der Ankündigung weltweiter Zollerhöhungen durch die US-Regierung zusammenfiel, war dies nur für weniger als ein Drittel der befragten Europäer (30 %) ein Grund zur Sorge: „Verbraucher konzentrieren sich auf die sichtbare Teuerung – dabei unterschätzen sie, wie stark Handelskonflikte Preise und Angebot mitbestimmen können“, erklärt Karin von Funck, Senior Partnerin und Expertin für Konsumgüter bei der Boston Consulting Group.
Selbst bei zusätzlichem Einkommen bliebe Vorsicht das Leitmotiv: 39 Prozent der Deutschen würden das Geld sparen – mehr als in jedem anderen Land Europas. Die wirtschaftliche Unsicherheit schlägt sich zunehmend auch im Kaufverhalten nieder: Lebensmittel ist die einzige Konsumkategorie, in der die deutschen Verbraucher ihre Ausgaben erhöht haben. Der Grund ist in erster Linie die Inflation. In allen anderen Produktgruppen sinken die getätigten und geplanten Käufe deutlich. Besonders betroffen von der deutschen Konsumzurückhaltung sind Mode, Möbel, Snacks sowie alkoholische Getränke. Auch Spontankäufe treten in den Hintergrund – stattdessen suchen viele gezielt nach Rabatten, vergleichen Angebote und setzen deutlichere Prioritäten. Gleichzeitig sinkt die Markentreue spürbar: Je nach Produktkategorie sind zwischen 60 und 75 Prozent der deutschen Verbraucher bereit, für günstigere Angebote auf andere Marken auszuweichen. Handelsmarken erfreuen sich in Deutschland größerer Beliebtheit als im Ausland – insbesondere bei Körper- und Schönheitspflege, Softdrinks sowie Lebensmitteln. Hier liegt die Akzeptanzquote bis zu 10 Prozentpunkte höher als der europäische Durchschnitt.
Deutsche Verbraucher besonders preissensibel und online-affin
Insgesamt ist für deutsche Verbraucher das Preis-Leistungs-Verhältnis über alle Konsumgüterkategorien hinweg immer noch das ausschlaggebende Argument für oder gegen einen Kauf. Dahinter folgen Kriterien wie reale Ersparnis, Nutzerfreundlichkeit und Bequemlichkeit. Ideelle Kriterien wie Regionalität oder Nachhaltigkeit rangieren meist auf den hinteren Plätzen und verlieren deutlich an Relevanz, sobald der Preisunterschied zu groß wird. Nur 16 Prozent wären bereit, einen Aufpreis für klimafreundlichere Produkte zu zahlen – ein Rückgang um vier Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. „Preis schlägt Marke, Nutzen sticht Image – diese Mechanik prägt aktuell viele Kaufentscheidungen. Unternehmen, deren Angebot nicht als relevant und bezahlbar wahrgenommen wird, verlieren an Sichtbarkeit“, sagt BCG-Expertin von Funck. Dabei sind mittlerweile auch digitale Vertriebskanäle fest im Kaufverhalten deutscher Konsumenten verankert – insbesondere bei Mode: 31 Prozent von ihnen tätigen ihre Kleidungskäufe vorrangig online. Damit liegt Deutschland deutlich über dem europäischen Durchschnitt von 21 Prozent.
Auch in anderen Produktkategorien wie Haushaltsgeräten, Spielwaren oder Pflegeprodukten zeigen die Deutschen eine überdurchschnittliche Onlineaffinität – zwischen vier und zehn Prozentpunkte über dem europäischen Mittel, in dem sich sonst nur die Briten ähnlich für Online-Shopping begeistern wie die Deutschen. Das Web dient hierzulande vielen aber nicht nur dem Kaufabschluss, sondern auch der Orientierung: Mehr als 40 Prozent der Deutschen lassen sich bei der Auswahl von Haushaltsgeräten, Elektronik- und Spielwaren oder auch Möbeln primär digital inspirieren – ebenfalls deutlich mehr als der europäische Durchschnitt. Den Versand nach Hause bevorzugen deutsche Konsumenten bei Bekleidung zu 72 Prozent, bei Haushaltsgeräten zu 68 Prozent und bei Spielwaren zu 63 Prozent – und liegen damit bis zu 21 Prozentpunkte über dem Europaschnitt. Trotz wachsender Onlineaffinität bleibt der stationäre Handel aber bei Fragen rund um Beratung und Service relevant – insbesondere bei Haushalts- und Elektronikartikeln. Für Händler bedeutet dies: „Verbraucher erwarten heute nicht nur den besten Preis, sondern auch klare Orientierung. Wer es schafft, mit Transparenz, Relevanz und digitalem Komfort zu überzeugen, wird auch in unsicheren Zeiten loyale Kunden gewinnen“, empfiehlt von Funck.
Pressekontakt:
Boston Consulting Group
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Über die Studie
Seit 2022 erhebt und analysiert BCG mit der European Consumer Sentiment-Studie regelmäßig die Stimmungslage europäischer Verbraucher. Für die aktuelle Ausgabe wurden im April 2025 mehr als 16.000 Konsumenten in neun europäischen Ländern befragt: Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien, Dänemark, Schweden, Norwegen und Rumänien. Die repräsentative Online-Erhebung untersucht Einstellungen, Konsumverhalten und Erwartungen. Die Ergebnisse geben Einblick in länderspezifische Entwicklungen sowie übergreifende Konsumtrends im europäischen Vergleich.
Über BCG
Die Boston Consulting Group (BCG) ist eine weltweit führende Unternehmensberatung. Gemeinsam mit Führungskräften aus Wirtschaft und Gesellschaft treiben wir tiefgreifende Transformationen voran. Seit der Gründung 1963 leistet BCG Pionierarbeit im Bereich Unternehmensstrategie. Unser Ziel: Organisationen so stärken, dass sie wachsen, nachhaltige Wettbewerbsvorteile entwickeln und positiven gesellschaftlichen Wandel gestalten können. BCG steht für erstklassige Strategieberatung mit Technologiekompetenz sowie unternehmerischer Umsetzungskraft – von digitalen Geschäftsmodellen bis zu Corporate Ventures. Unsere internationalen Teams vereinen Branchenwissen, funktionale Expertise und vielfältige Perspektiven – sie hinterfragen den Status quo und setzen Impulse für echte Veränderung. Unser Beratungsmodell ist einzigartig: Es setzt auf enge Zusammenarbeit innerhalb unserer Teams und bei unseren Kunden – über alle Organisationsebenen hinweg. BCG ist mit rund 33.000 Mitarbeitenden in über 100 Städten und mehr als 50 Ländern vertreten. Weltweit erzielte BCG im Jahr 2024 einen Umsatz von 13,5 Milliarden US-Dollar.
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