- Mit dem vorletzten Rang unter 27 EU-Staaten gehört Österreich zu den Schlusslichtern beim Frauenanteil in Vorständen
- Frauen sind hierzulande zwar in neun von zehn Aufsichtsräten vertreten, jedoch selten in Position der Aufsichtsratsvorsitzenden
- Unter Österreichs 75 bestverdienenden Vorständen ist nur eine weibliche Topverdienerin // Neue Analyse der Boston Consulting Group
Wien, 26.02.2021 – Österreich hat großen Nachholbedarf in Sachen Geschlechterparität: Im europäischen Vergleich gehört das Land zu den Schlusslichtern. Bezogen auf den Frauenanteil in Vorständen belegt Österreich den vorletzten Rang unter den 27 EU-Staaten. Das ist ein Ergebnis der Studie WomanUp: BCG Gender Diversity Index Austria 2020 – Wie Unternehmen mit Vielfalt an die Spitze kommen der Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG). Die Untersuchung erscheint das dritte Jahr in Folge. Nach ihren Analysen ist der Anteil weiblicher Vorstände in den österreichischen Top-50-Unternehmen 2020 geringfügig von 7,6 auf 8,9 Prozent gewachsen. Ebenso wie im Vorjahr gab es 2020 drei weibliche Vorstandsvorsitzende. Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten stieg leicht auf 26,1 Prozent (2019: 23,8 Prozent).
„Es ist ernüchternd festzustellen, dass Österreichs Top-Unternehmen so gut wie keine Fortschritte in Richtung Geschlechterparität machen“, sagt Dr. Sabine Stock, Studienautorin und Partnerin bei BCG. Dass der Frauenanteil im Vorstand nur äußerst langsam und die Zahl der weiblichen CEOs überhaupt nicht wächst, mache den dringenden Handlungsbedarf deutlich. „Immerhin sehen wir bei den Aufsichtsräten etwas mehr Dynamik: Der Anteil der Unternehmen, die sich einen Aufsichtsrat komplett ohne Frauen leisten, hat sich seit 2018 auf zwölf Prozent halbiert.“ Hier entfaltet die vor rund drei Jahren eingeführte Frauenquote im Aufsichtsrat ihre Wirkung: Mehr als die Hälfte aller aktuell in österreichischen Kontrollgremien amtierenden Frauen wurden seitdem berufen.
„Die Ergebnisse zeigen: Klar formulierte Zielgrößen führen dazu, dass sich der Frauenanteil in Top-Positionen signifikant erhöht“, ergänzt Dr. Lukas Haider, Studienautor und Leiter des Wiener BCG-Büros. „Allerdings geschieht das in den Vorständen der 50 Top-Unternehmen Österreichs noch viel zu selten.“ BCG analysierte für die Studie bereits zum dritten Mal Österreichs 50 größte börsennotierte Konzerne im Hinblick auf die Geschlechtervielfalt in Vorstand und Aufsichtsrat sowie das Verhältnis der Vergütung zwischen Frauen und Männern in diesen Führungsgremien.
Vorzeigeunternehmen 2020 kommen aus sehr unterschiedlichen Branchen
Spitzenreiter des BCG Gender Diversity Index 2020 ist die Healthcare-Firma Marinomed Biotech: Das Unternehmen hat einen Frauenanteil im Vorstand von einem Drittel und im Aufsichtsrat von 50 Prozent. Der Vorjahressieger, Versicherer Vienna Insurance Group, sowie das Textilunternehmen Wolford belegen die Plätze zwei und drei, gefolgt vom Leiterplattenhersteller AT & S sowie der BKS Bank. Verbessert haben sich vor allem jene Unternehmen, die 2020 eine Frau in den Vorstand aufnahmen: Der Konzern AT & S holte Simone Faath als Finanzvorständin, der Mineralöl- und Gaskonzern OMV berief Elena Skvortsova als Chief Commercial Officer und der Kautschukspezialist Semperit Gabriele Schallegger als Chief Financial Officer.
Schlusslichter des Rankings sind sechs Unternehmen, die null Indexpunkte erreichen. Sie beschäftigen weder eine Frau im Vorstand, noch haben sie eine Aufsichtsrätin bestellt. (Die komplette Liste finden Sie hier.)
Frauen haben selten hoch dotierte Spitzenpositionen inne
In Bezug auf die Vergütung gibt es hierzulande ebenfalls Nachholbedarf: Unter den 25 bestbezahlten Vorstandsmitgliedern ist keine einzige Frau vertreten, erst unter den 75 Top-Verdienern findet sich eine Vorständin. Grund dafür ist die Tatsache, dass Managerinnen seltener in den Vorständen der gut vergütenden Unternehmen zu finden sind und selten die hoch dotierten Spitzenpositionen innehaben, allen voran den CEO-Posten.
Arbeitgeber, die aufholen wollen, können von den Erstplatzierten, den sogenannten Diversity-Champions, lernen. Demnach ist es essenziell, dass Unternehmen Frauen frühzeitig fördern und so ihre Talent-Pipeline mit vielfältigem Nachwuchs füllen. „Zudem sorgen verbindliche Zielgrößen auf allen Hierarchieebenen für kontinuierlichen Fortschritt bei der Geschlechterparität“, sagt Lukas Haider. Wenn Frauen dann auch Schlüsselpositionen bekleideten, hätten sie Signalwirkung im gesamten Unternehmen. „Qualifizierte Kandidatinnen gibt es“, fügt Sabine Stock hinzu. „Jetzt braucht es mutige Vorstände und Aufsichtsräte, die Frauen entsprechend ihren Potenzialen in verantwortungsvolle Positionen befördern.“
Über BCG
Die Boston Consulting Group (BCG) unterstützt führende Akteure aus Wirtschaft und Gesellschaft in partnerschaftlicher Zusammenarbeit dabei, Herausforderungen zu meistern und Chancen zu nutzen. Seit der Gründung im Jahr 1963 leistet BCG Pionierarbeit im Bereich Unternehmensstrategie. Die Boston Consulting Group hilft Kunden, umfassende Transformationen zu gestalten: Die Beratung ermöglicht komplexe Veränderungen, eröffnet Wachstumschancen, schafft Wettbewerbsvorteile, verbessert die Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit und bewirkt so dauerhafte Verbesserungen des Geschäftsergebnisses.
Nachhaltiger Erfolg erfordert die Kombination aus digitalen und menschlichen Fähigkeiten. Die vielfältigen, internationalen Teams von BCG bringen tiefgreifende Expertise in unterschiedlichen Branchen und Funktionen mit, um Veränderungen anzustoßen. BCG verzahnt führende Management-Beratung mit Expertise in Technologie, Digital und Analytics, neuen Geschäftsmodellen und der übergeordneten Sinnfrage für Unternehmen. Sowohl intern als auch bei Kunden setzt BCG auf Gemeinschaft und schafft dadurch Ergebnisse, die Kunden nach vorn bringen. Das Unternehmen mit Büros in mehr als 90 Städten in über 50 Ländern erwirtschaftete weltweit mit 21.000 Mitarbeitern im Jahr 2019 einen Umsatz von 8,5 Milliarden US‑Dollar. Weitere Informationen: www.bcg.at